Cervantes. Ein Roman by Bruno Frank

Cervantes. Ein Roman by Bruno Frank

Autor:Bruno Frank [Frank, Bruno]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Querido
veröffentlicht: 1933-12-31T23:00:00+00:00


Die Heimkehr

Die vier Königsschiffe lagen zur Ausfahrt bereit im Hafen von Algier.

Tagelang hatte man Kisten und Säcke in ihre Bäuche verladen, Hassan-Venezianos unermeßlichen Gewinn aus dreijähriger Generalpächterschaft. Die Galeere, die er selber besteigen wollte, die größte von allen, hochbordig, die Flanken über und über mit goldenen Schriften bedeckt, an der purpurnen Poppa den flatternden Halbmond, lag schon vollzählig bemannt der Kaimauer an. Von den zwei Landungsbrücken des Schiffs wurde nur eine benutzt. Die andere, die mit einem roten Teppich belegt war, blieb frei und erwartete Hassan. Von ihr lief der rote Teppich weiter über den Platz, an der Großen Moschee vorbei zum Tor der Djenina, wie eine Straße aus Blut.

Auf einer der Bänke nahe dem Hauptmast war Cervantes angekettet neben den Rudersklaven, doch zuinnerst am Gang, da er nicht taugte, den Riemen zu führen. Als er sich auf das Datum besann, fand er den 19. September. Es wurde Nacht. In der Morgenfrühe des 20. würden sie segeln. In ihm war ein dunkles Gelächter über diese Gesetzmäßigkeit.

Um ihn auf den Bänken und zwischen ihnen fanden die Ruderer hockend und kauernd den Schlaf. Die Eisen klirrten. Ihn hatte man nur mit seiner Silberkette gebunden. Er schlief nicht. Er sah seine Lage… Er hatte getrotzt wie ein Knabe, hatte die eigene Rettung oftmals verschmäht, sich aufgeworfen zum Retter für Viele. Nun war es zu spät. Algier versank. War er jetzt nach Stambul verschwemmt, so ließ sich keine Heimkehr mehr absehen. Irgendwo im weiten türkischen Reich zu verkommen, schien ihm bestimmt.

Er wußte genau, was geschehen war. Seitdem der Tag von Hassans Abberufung bekannt geworden, hatte sich die trinitarische Brüderschaft doppelt bemüht. Fray Juan Gil, Generalprokurator des Ordens, war selbst nach Algier gekommen und hatte in zäher Verhandlung viele von Hassans Sklaven losgekauft. Knapp waren die Mittel, um jede Dublone wurde gefeilscht. Doch endlich waren mehr als hundert Christen frei. Längst wohnten sie wieder überm Meer, in ihren Dörfern und Städten.

Den Miguel de Cervantes herzugeben, weigerte sich König Hassan. Er spielte mit dem Generalprokurator. Er erhob den einhändigen Mann mit gewaltigen Sprüchen, pries seinen Mut, seine Seelenstärke, seine Gelehrsamkeit, sein feines Betragen. Die alte, ausgediente Sage von Miguels hoher Abkunft mußte wieder heran. Würden tausend Dukaten bar auf das Brett gezählt, so ließe sich vielleicht reden, und selbst dann wäre der Handel noch schlecht…

Der neue Tag war heran, blaustrahlend und köstlich. Ohne Unterlaß, durchdringend, schmetterten von allen vier Schiffen die Trompeter das Abschiedssignal. Geschütz erdröhnte. Cervantes blickte aufs Ufer zurück, das von Menschen bunt war. Er sah ein letztes Mal die blendende Mauer der Großen Moschee, die düster gedrungene Djenina, von deren Dach die goldene Laterne verschwunden war, die pyramidisch weiß aufschießende Kasba; und fast war es ihm, als ließe er mit diesem Ort vieler Leiden eine Heimat zurück.

Zwei Schiffsleute machten Halt vor ihm. Der eine bückte sich und löste die Silberkette von der Bank. Sie bedeuteten ihm, zu folgen.

Unter der Purpurbespannung der Poppa saß der scheidende König, prächtig gewandet wie niemals zuvor, eine mit Juwelen besetzte, kurze und krumme Hiebwaffe auf seinen Knien.

Hassan sah den Cervantes nicht an.



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